Burnout rechtzeitig erkennen: das können Sie tun

Einer psychischen Erkrankung, wie auch das Burnout eine ist, hängt heute zum Glück nicht mehr ein so negatives Bild an wie noch vor zwei oder drei Jahrzehnten. Es ist inzwischen allgemein anerkannt, dass 20 Prozent aller berufstätigen Menschen in ihrem Arbeitsleben vom Ausgebranntsein betroffen sind oder wenigstens ab und an mal Phasen durchschreiten, die sie kurz vor einem Burnout bringen. In diesem Beitrag erfahren Sie alles Wichtige rund um das Thema, wie man anhand von ersten Symptomen das Burnout rechtzeitig erkennt und mit welchen Therapien Sie gegen diese Krankheit vorgehen, wenn es Sie wirklich erwischt hat.

Zwischen 12 und 14 Millionen berufstätige Menschen sind, seriösen Schätzungen zufolge, im Laufe ihres Berufslebens mindestens einmal von einem Burnout betroffen oder befinden sich zumindest in einer Phase, in der sie sich nah am Ausgebranntsein bewegen. Tückisch am Burnout ist, dass er sich nicht wirklich ankündigt, sondern sich auf leisen Sohlen heranschleicht und dann mit einem Mal zuschlägt. Sicher, es gibt ein paar Symptome, die einen Burnout vermuten lassen, aber wenn diese nur einzeln auftreten, würden wir nie auf die Idee kommen, gezielt auf sie zu achten.

Welche Symptome das sein können und wie Sie daraus die richtigen Schlüsse ziehen, um den Burnout rechtzeitigen erkennen zu können, erfahren Sie weiter unten. Zunächst möchten wir aber erläutern, wie es überhaupt so weit kommen kann und wo in der Regel die Ursachen dieser Erkrankung liegen.

Wie kommt es zu einem Burnout?

Es würde mit Sicherheit zum Nobelpreis für Physik gereichen, wenn jemand eine immer gültige Antwort auf diese Frage geben könnte. Natürlich gibt es dafür nicht den einen Grund, es muss immer eine Menge zusammenkommen. Da ist zum einen die sich verändernde Arbeitswelt zu nennen, in der von vielen Beschäftigten erwartet wird, permanent erreichbar sein zu müssen und in der auch die Trennung von Privatem und Beruflichem nicht mehr so gut funktioniert.

Ein Burnout kommt schleichend daher und kann enorm viele Ursachen haben. Wenn er dann eintritt, kann das sehr lähmend sein. Bildquelle: geralt/Pixabay

Weil gleichzeitig die Effizienz in vielen Unternehmen als höchstes Gut gepriesen wird, machen Arbeitnehmer (oft unbezahlte) Überstunden – um damit zu kaschieren, dass sie gar nicht so effizient sind, wie die Vorgesetzten das gern sehen würden. Damit einher geht nicht selten die konkrete Sorge um den Verlust der Arbeitsstelle, und all diese Faktoren zusammengerechnet führen letzten Endes auf einen einzigen Punkt hin: Stress.

An dieser Stelle ist es wichtig, kurz innezuhalten und sich zu vergegenwärtigen, was das bedeutet. Im allgemeinen Sprachgebrauch meint Stress heute oft, dass die Zeit ein wenig knapp ist und man viele Dinge gleichzeitig um die Ohren hat. Echter Stress wie der beschriebene, zu dem die blanke Existenzangst kommt, macht auf Dauer aber kreuzunglücklich und antriebslos, vor allem, wenn parallel dazu auch noch die Erfolge ausbleiben, denen immer ein belohnendes Element innewohnt. Das steigert den Stress immer weiter, und auch, wenn Menschen genau spüren, dass es Zeit für eine Pause wäre, so gebietet der Verstand, noch effizienter werden zu müssen. Für die Gesundheit ist das natürlich Gift. Und es kommt der Zeitpunkt, an dem Psyche und Körper sagen: es reicht. Es geht nicht mehr. Ich brauche eine Pause.

Es sind nicht nur Stress und Druck, die die Ursachen für einen Burnout sein können. Auch andere Auslöser gesellen sich hier gern dazu. Das können zum Beispiel sein:

  • Zukunftsangst: Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes und damit einhergehenden persönlichen Veränderungen;
  • kein harmonisches oder gutes Klima im Unternehmen;
  • keine gute Führung durch die Vorgesetzten, keine inhaltliche Anleitung und die Furcht, aus diesem Grund Fehler zu machen;
  • zu hoch gesteckte Erwartungen durch Vorgesetzte;
  • zu hoch gesteckte Erwartungen, die man an sich selbst hat;
  • fehlende Möglichkeiten oder Interessen, einen Ausgleich zum Job zu suchen (etwa durch Sport, Hobbys etc.);
  • lange Arbeitszeiten, unter denen das private Umfeld leidet.

Das bedeutet also, dass ein Burnout nicht unbedingt nur durch beruflichen Stress ausgelöst wird. Klar, die berufliche Ebene spielt in der Regel die größte Rolle, aber sie wird oft befeuert durch den eigenen Charakter. Wer zum Beispiel ein geringes Selbstwertgefühl hat, tendiert dazu, es anderen immer rechtmachen zu wollen, weil der Drang zur Harmonie zu groß ist. Damit aber überfordert man sich selbst, zudem grenzt dieses Verhalten schon an Selbstverleugnung – die man sich irgendwann auch eingestehen muss.

Zeitdruck und Stress im Beruf sind an der Tagesordnung, oft treibt uns auch die Angst vor dem Jobverlust – alles Faktoren, die zum Burnout führen können. Bildquelle: geralt/Pixabay

Ebenso ungünstig ist der Drang zur Perfektion, weil man sich dadurch zusätzlichen Druck auferlegt, der völlig überflüssig ist. Beide Faktoren können dazu beitragen, dass es zum Burnout kommt. Übrigens sind Frauen öfter vom Burnout betroffen als Männer, was nicht den gängigen Klischees entspricht – beim Begriff Burnout hat man stets den um die Welt jettenden Geschäftsmann vor Augen, der zwischen seinen Terminen keine Luft zum Atmen hat. Noch ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht ganz klar, weswegen Frauen anfälliger für den Burnout sind.

Indizien deuten darauf hin, dass sie öfter unter einer Mehrfachbelastung aus Beruf, Familie und Alltagserledigungen leiden könnten als Männer, die sich oft nur auf die Karriere konzentrieren. Doch das ist – wie gesagt – bislang nur eine Theorie, die in dem Ausspruch kulminiert, dass Frauen bei Überlastung depressiv werden (also ein Burnout erleiden) und Männer süchtig.

Burnout früh erkennen möglich

Sollte man nicht augenblicklich vorsichtig werden, wenn man mal über eine längere Zeit hinweg etwas antriebsloser ist, als man das von sich selbst kennt? Wenn man unter einer bleiernen Müdigkeit leidet, oft erschöpft ist und noch dazu gestresst und leicht reizbar? Ja und nein. Solche Phasen sind normal und doch oft ein erstes Anzeichen, dass unser Körper uns etwas mitteilen möchte: einen Gang runterschalten. Oder mehrere Gänge. Ein stressiges Projekt im Beruf, dass uns am Abend schlecht einschlafen lässt und uns ermattet, ist natürlich kein erstrebenswerter Dauerzustand, allerdings entsteht dadurch auch noch kein Burnout.

Der schleicht sich nämlich fast unmerklich an. Aber eben nur fast. Wenn Sie nicht nur vereinzelte, sondern mehrere Anzeichen verspüren, die wir Ihnen in der folgenden Auflistung zeigen, dann sollten Sie sie nicht auf die leichte Schulter nehmen. Vor allem dann nicht, wenn diese Signale recht häufig auftreten und mit der Zeit auch intensiver werden. Dann möchte Ihnen Ihr Organismus nämlich etwas sagen.

Das sind die Anzeichen, die bei gehäuftem Auftreten auf ein bevorstehendes Burnout hindeuten können:

  • vermehrter Konsum von Medikamenten und Alkohol
  • Gefühle von Sinnlosigkeit oder Desinteresse an vielen Dingen
  • Anflüge von Hoffnungslosigkeit, Bitterkeit oder Niedergeschlagenheit
  • permanentes Auftreten von Schuldgefühlen, ernsthaften Sorgen oder Zweifel am eigenen Selbst
  • regelmäßig auftretende Panikattacken oder Angstschüben
  • kraftloses und antriebsloses Lavieren durch den Alltag
  • innerlich zu spürende Leere oder gar Isolation
  • Unfähigkeit, sich eigene Bedürfnisse einzugestehen oder gar zu erfüllen
  • stets schwankende Stimmungen
  • Kopfschmerzen, häufig auftretender Schwindel oder ein Hörsturz
  • Frustration, Aggression, Wut und Ärger über Nichtigkeiten
  • Beschwerden mit dem Magen-Darm-Trakt oder Übelkeit
  • Probleme mit dem Kreislauf oder mit dem Herzen

Keine Frage: Es ist immer besser, früh eine Reißleine zu ziehen. Wenn Sie einige dieser Symptome, wie oben beschrieben, des Öfteren bei sich wahrnehmen, dann öffnen Sie sich gegenüber der Familie oder bei Freunden. Der Arbeitgeber sollte ebenfalls informiert werden.

Irgendwann kommt der Punkt, an dem man nicht mehr weiterkann und -weiß. Idealerweise lässt man es nicht soweit kommen, sondern tritt rechtzeitig auf die Bremse. Bildquelle: geralt/Pixabay

Ein verständnisvoller Vorgesetzter wird Ihnen vorschlagen, mal ein Weilchen kürzerzutreten, ein Projekt oder Verantwortung abzugeben.

Wie ein Burnout oft verläuft

Wenn Sie ein Burnout rechtzeitig erkennen möchten, dann hören Sie in sich hinein und versuchen Sie, die im letzten Abschnitt genannten Symptome an sich zu entdecken. Daneben gibt es allerdings noch eine Reihe weiterer Hinweise, die auf der psychischen Ebene ablaufen. Wer sich zum Beispiel zunehmend dabei ertappt, keine Freude mehr am Job zu empfinden, oder wer denkt, dass die tagtäglichen Aufgaben einem über den Kopf wachsen, befindet sich möglicherweise in einem frühen Stadium.

Wer sich nur noch schlecht und kurz konzentrieren kann, sich neuen Aufgaben und Ideen verweigert oder über einen längeren Zeitraum unkreativ ist, der ist ebenfalls gefährdet. Ein Gefühl der Ohnmacht im Job, das einen glauben lässt, dass man tagein, tagaus schuftet und dennoch nichts vorangeht, könnte ebenso ein Hinweis sein wie schwindendes Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten. Auch die Unfähigkeit, sich in den Pausen, am Feierabend oder am Wochenende erholen zu können von der Arbeit, ist möglicherweise ein ernst zu nehmendes Symptom, dass man sich auf dem Weg in das Burnout befindet.

Burnout früh erkennen: Dafür gibt es kein Patentrezept. Zudem ist es immer ratsam, einen Spezialisten zu konsultieren, wenn sich einige Anzeichen zugleich einstellen. Um die Einschätzung zu verbessern und gleichzeitig exakter einordnen zu können, ob ein Burnout-Syndrom vorliegt und in welcher Phase man sich befindet, haben die Wissenschaftler Gail North und Herbert Freudenberger vor einiger Zeit ein Modell entwickelt.

Wenn es trotz aller Vorsicht und Umsicht zu einem Burnout kommt, sollte man angebotene Hilfe nicht ablehnen. Bildquelle: geralt/Pixabay

In dieser Anordnung gibt es nach North/Freudenberger zwölf Phasen, die eine von Burnout betroffene Person dabei durchläuft. Dabei geht es optimistisch los – und genau darin liegt auch schon eines der Probleme begründet.

Phase 1: überhöhter Ehrgeiz

Jeder arbeitende Mensch kennt das: Man bekommt einen neuen Job oder in einem Job ein neues Projekt, für das man brennt und das einen begeistert. Was gleichzeitig droht: Wir stellen unsere Bedürfnisse hinten an, weil wir unsere Grenzen verschieben, um zu performen. Oft liegt es an überzogener Erwartungshaltung, die wir an uns selbst richten. Es ist der erste Schritt in dem langen Prozess hin zum Burnout. Wer das an dieser Stelle schon erkennt, beugt dem Burnout sicher vor.

Phase 2: übersteigerte Aktivität

Neue Aufgaben müssen manchmal mit einem Mehraufwand gemeistert werden, das ist klar – aber bitte auf einem gesunden Niveau. Wer es übertreibt oder alles allein machen möchte, bekommt die (körperlichen) Folgen rasch zu spüren. Nicht selten sind Darm und Magen gereizt, es kann zu Schwindelgefühl kommen oder zum Hörsturz.

Phase 3: Bedürfnisse zurückstellen

Wer sich so verbeißt in die Arbeit, denkt nicht an den Feierabend und oft auch nicht an den Nachtschlaf. Wir vernachlässigen zwischenmenschliche Kontakte und behelfen uns mit Koffein oder Nikotin gegen die Müdigkeit. Ein bedenklicher Punkt auf dem Weg zum Burnout.

Phase 4: eintretende Überforderung

Phase 3 hält nicht ewig. Man fängt an, Abmachungen zu brechen und Termine nicht einzuhalten, sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld. Zwangsläufig begeht man Fehler, die einen noch mehr Kraft kosten, das führt zu rasch zu Energielosigkeit. Auch nicht ausbleiben können Streitigkeiten mit den Kollegen und Konflikte zuhause, doch die meisten Menschen sind Meister im Verdrängen und reden sich diese Reibereien schön. Jetzt kann es auch zu einer regelrechten Übelkeit kommen und zu Kopfschmerzen. Die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, nimmt rapide ab.

Phase 5: Probleme verdrängen und abstreiten

Die Leistung geht deutlich zurück, dafür wachsen Aggressionen und ein zunehmendes Gefühl der Entmutigung. Im Job wir man ungenau, man kann kaum noch entscheiden. Jetzt wäre es an der Zeit zu erkennen, dass man mitten im Burnout-Prozess steckt. Viele wollen das aber nicht wahrhaben und flüchten sich in Alkohol oder Drogen. Das macht auch etwas mit dem Körper, Blutdruck und Gewicht steigen, das Herz sticht hin und wieder.

Phase 6: Negativität im Job

Was man früher an der Arbeit geschätzt haben, ist nun eine Last. Wo man früher gern und positiv über den Job gesprochen hat, hält nun Negativität Einzug. Man spricht immer noch oft über die Arbeit, aber nur noch schlecht. Man geht nicht mehr gern ins Büro. Es ist höchste Zeit, die Reißleine zu ziehen und sich zu öffnen.

Phase 7: leicht zu reizen

Weil man sich immer mehr zurückzieht, sowohl von den Kollegen als auch von Freunden, dünnen sich die Sozialkontakte aus. Das geht manchmal auch deswegen von den Betroffenen aus, weil das soziale Umfeld die Probleme anspricht – und man mit der berechtigten Kritik nicht umgehen kann. Das gilt auch für Zuhause.

Phase 8: Änderung von eigenem Verhalten

Im Job ignoriert man Ratschläge, auch die gutgemeinten, man wird gereizt und gleichgültig. In den eigenen vier Wänden werden alle Notwendigkeiten weggeschoben und verdrängt, angefangen von der Wäsche bis hin zu unbedingt nötigen Reparaturen. Selbstmitleid macht sich breit, gepaart mit einem Gefühl der Sinnlosigkeit.

Phase 9: es wird einsam um einen herum

Im privaten Bereich hat man jetzt kaum noch Kontakte, auch Empathie für andere geht einem völlig ab. Gleichwohl kettet man sich viel zu sehr an die letzten verbliebenen Kontakte, während man im Büro kaum noch funktioniert und nur noch Dienst schiebt. Zudem droht auch psychosomatisch Ungemach. Man befindet sich jetzt an einer steilen, nach unten führenden Rampe.

Phase 10: leer und antriebslos

Angstattacken wechseln sich in diesem Stadium ab mit einer völligen inneren Leere, an den Job mag man gar nicht mehr denken, emotional ist man immer voll auf höchster Alarmstufe – allerdings im negativen Sinn. Man weiß, dass man kämpfen sollte, allerdings: Die Kraft dafür fehlt komplett.

Phase 11: Panik und Depression

Nun ist fast schon der maximale Grad der Entkräftung erreicht, man sehnt sich danach, nur noch zu schlafen, zu jeder Tageszeit (nachts funktioniert es weniger gut). Man ist verzweifelt, hat keine Freude mehr am Leben und nicht selten Existenzängste. Man erkrankt oft, weil das Immunsystem nicht mehr funktioniert, und Gedanken an einen Suizid können ebenfalls auftreten.

Phase 12: komplette Kraftlosigkeit

Das Endstadium, das auch lebensbedrohlich sein kann. Jetzt ist man völlig ausgebrannt, und zwar in emotionaler, physischer und psychischer Hinsicht. Ohne einen Arzt geht es nun weder vor noch zurück, es droht die Berufsunfähigkeit, die organischen Funktionen sind massiv eingeschränkt. Allein gegen diesen Zustand ankämpfen zu wollen, macht alles nur noch schlimmer, weil das noch mehr Energie kostet – und davon ist so gut wie nichts mehr übrig.

Wenn die Früherkennung des Burnouts scheitert

Nicht immer gelingt es uns, den Burnout rechtzeitig zu erahnen und damit zu stoppen. Der rechtzeitige Gang zu einem Spezialisten ist durch nichts zu ersetzen, auch nicht durch einen Ratgeber wie diesen – jedenfalls dann, wenn Sie merken, dass Sie auch in einer frühen Phase nicht mehr gegensteuern können.

Bevor man ganz allein ist, sollte man sich Hilfe holen. In einem frühen Stadium des Burnouts kann die Selbsthilfe aber noch funktionieren. Bildquelle: mohamed_hassan/Pixabay

Sich selbst öfter Pausen zu verordnen, die eigenen Grenzen zu kennen und einzuhalten, gelassener zu werden und den Stress im Zaum halten sind gute Erkenntnisse, die das Ruder noch herumreißen können. Auch die Ansprüche an sich selbst herunterzuschrauben und Familie und Freunde am Seelenleben teilhaben zu lassen sind immens wichtige Faktoren, um ein drohendes Burnout noch abwenden zu können.