Das Vorstellungsgespräch soll Ihre Schwächen aufzeigen

Wer zu einem Vorstellungsgespräch fährt und dort einen netten Plausch und ein Kaffeekränzchen erwartet, ist schief gewickelt. Die – zukünftigen – Vorgesetzten und die Mitarbeiter aus dem HR möchten Sie genau kennenlernen, und das beinhaltet natürlich auch Ihre Schwächen. Auf die Fragen nach diesen Ihren Mängeln gibt es keine allgemein gültige Strategie bezüglich der Antworten. Allerdings können Sie sich durch eine ungünstige Auskunft vieles verbauen.

Fast jeder Mensch, der schon einmal in einem Vorstellungsgespräch gesessen hat, kennt diese Situation. Bis eben hat man sich noch nett mit dem Personaler oder der neuen Chefin unterhalten, dann jedoch kommt die Frage, die man zwar erwartet, auf die es jedoch keine allgemein gültige oder gar gute Antwort gibt: „Erzählen Sie uns doch mal von Ihren Schwächen!“

Höchstens vordergründig geht es bei einem Bewerbungsgespräch um ein nettes Kennenlernen. Vielmehr werden Ihre Schwächen im Vorstellungsgespräch diskutiert. Bildquelle: Peggy_Marco/Pixabay

Dabei handelt es sich um eine der berüchtigten Stressfragen, mit der man Bewerber in eine unbequeme Situation bringen möchte, um zu sehen, wie diese reagieren. Ihre Vorgesetzten in spe möchten damit Ihre Fassade, die Sie im Gespräch aufbauen, ein klein wenig zum Einsturz bringen, um zu sehen, ob Sie Ihre eigenen Defizite (Stichwort Selbstreflexion) sehen und wie Sie mit diesen umgehen.

Weswegen fragt man Sie im Vorstellungsgespräch nach Schwächen?

Wie gesagt: Man möchte Sie nervös machen, um herauszufinden, wie Sie mit Extremsituationen umgehen. Zwei Fehler gibt es, die Sie jetzt begehen können:

  • Behaupten, dass Sie keine Schwächen haben. Das kommt arrogant rüber und unter Umständen auch unehrlich.
  • Die Frage abtun – das wirkt ein wenig unreflektiert und bringt ebenfalls Minuspunkte.

Es ist unbedingt zu empfehlen, dass Sie sich vor dem Vorstellungsgespräch ernsthaft Gedanken über Ihre Schwächen machen, offen über diese sprechen und wie Sie sich in dieser Hinsicht besser möchten.

Die berühmte SWOT-Analyse. Es schadet nicht, wenn Sie sich vor dem Vorstellungsgespräch Ihre Schwäch überlegen und analysieren, wie daraus vielleicht sogar eine Stärke erwachsen kann. Bildquelle: athree23/Pixabay

Das zeugt von echter Selbstreflexion. Übrigens muss die Frage nach Ihren Schwächen gar nicht eine direkte Frage sein, Personaler und Vorgesetzte verstehen es gut, das zu tarnen. Klassiker sind:

  • „Welche Charakteristika nerven Sie an sich selbst und würden Sie gern ändern?“
  • „Wie, denken Sie, würden Bekannte und gute Freunde Sie beschreiben?“
  • Gern werden auch Skalen eingesetzt, mit denen Sie sich selbst beurteilen soll, zum Beispiel wird Ihre Belastungsfähigkeit dadurch geprüft. Reicht die Skala von 1 bis 10, dann ist die 6 ein schlechter und die 10 ein unglaubwürdiger Wert. Wählen Sie also die 7, die 8 oder die 9.

Floskelhafte Antworten sind ein grober Schnitzer

Wenn man nach seinen Schwächen gefragt wird, neigt man zu Antworten, die floskelhaft sind oder eine vermeintliche Schwäche sogar in eine Stärke umformulieren. Dabei durchschauen Chefs und Personaler diese Strategie von Anfang an. Es gibt ein paar Antworten, die Sie auf keinen Fall geben dürfen. Dazu gehören beispielsweise:

  • „Ich glaube, ich bin manchmal zu ehrgeizig.“ Der direkte Versuch, aus einer vermeintlichen Schwäche eine Stärke zu machen. Das gibt viel Abzug. Keine kluge Antwort, zudem kennen Personaler diese Masche in- und auswendig.
  • „Ich neige dazu, zu viel zu arbeiten.“ Das wirkt anbiedernd. Welcher Chef würde seinen Mitarbeiter dafür rügen? Schwache Antwort.
  • „Manchmal bin ich vielleicht zu perfektionistisch.“ Auch damit versucht man im Prinzip, eine Stärke zu konstruieren, indem man behauptet, nie zufrieden zu sein. „Ich bin ungeduldig“ spielt in derselben Liga. Beides sind keine guten Optionen.

Doch warum bekommen Bewerber im Vorstellungsgespräch überhaupt Fragen nach ihren Schwächen gestellt? Zum einen, um wie erwähnt herauszufinden, wie Menschen auf Druck und Stress reagieren. Es gibt aber noch einen zweiten Grund.

Schwächen zugeben – es geht um die Persönlichkeit

Jeder Mensch hat ein paar Unzulänglichkeiten, darum geht es nicht. Es geht darum, mit ihnen zu leben und – wenn möglich – an ihnen zu arbeiten. Aus Schwächen zu lernen und aus Fehlern, das sind die Fähigkeiten, die Unternehmen an (neuen) Mitarbeitern schätzen, man möchte gewiss sein, dass man als Mitarbeiter die eigenen Macken kennt.

Das Job-Interview, wie das Vorstellungsgespräch im Englischen heißt, wird entspannter, wenn Sie vorab für sich klären, wie Sie Ihre Schwächen offenlegen. Bildquelle: Amtec Photos/Flickr

Der zweite Grund, weswegen Firmen so darauf drängen, dass Kandidaten ihre Schwächen eingestehen, ist simpel. Dahinter steckt tatsächlich der Wille herauszufinden, wie ehrlich Sie sind – und zwar darüber, wie ehrlich Sie zu sich selbst sind! Auch die Fähigkeit zur Selbstkritik wollen Personaler auf diese Weise freilegen. Das zeigt Ihren Gesprächspartnern, ob Sie die nötige Reife besitzen und eine gefestigte Persönlichkeit.

Nun aber wird es konkret. Wir stellen Ihnen zunächst vor, welche Schwächen Sie kaschieren müssen, wenn es um den Job geht.

Diese Antworten gehen gar nicht

Natürlich ist im Job-Interview Ehrlichkeit gefragt, aber niemand wird von Ihnen erwarten, dass Sie in aller Ausführlichkeit darüber sprechen, welche Mängel Sie mit sich tragen und wie sich diese negativ ausgewirkt haben im alten Job. Gehen Sie konkret auf höchstens zwei Schwächen ein und streuen Sie ein paar relativierende Begriffe ein, das ist nicht verboten. Gemeint sind Ausdrücke wie „hier und da“, „manchmal“ oder „gelegentlich“.

Und dann gibt es jene Antworten, die Sie mit einem Schlag aus dem Rennen um die vakante Stelle hinausbefördern. Wenn Sie sich als Krankenpflegerin bewerben und im Vorstellungsgespräch als Schwäche zugeben, dass Sie hin und wieder nicht gut zuhören können, dann können Sie an dieser Stelle gleich abbrechen. Wenn Sie als Schwäche an sich identifiziert haben, manchmal etwas besserwisserisch zu sein, ist der Job als Consultant nicht der passende für Sie. Extrembeispiel: Sie wollen Kranführer werden und haben Höhenangst? Dann sollten Sie diese Schwäche besser verschweigen und bis zum ersten Tag im neuen Job ein psychotherapeutisches Seminar aufsuchen, um des Problems Herr zu werden.

Manche Bewerber halten es für eine gute Idee, Fragen nach ihren Schwächen mit humorvollen Antworten zu begegnen. Eine schlechte Idee. Denn im Bewerbungsgespräch möchten Ihre Gesprächspartner eher sehen, dass Sie eine gewisse Ernsthaftigkeit an den Tag legen, wenn es um Selbstreflexion von Unzulänglichkeiten und um die Arbeit an den Schwächen geht.

Gute Antworten: Schwäche zugeben und Lösungsweg aufzeigen

Wer im Vorstellungsgespräch in der Lage ist, sich ehrlich zu machen auf die Frage nach einer Schwäche, hat noch nicht viel gewonnen. Interessant wird es erst, wenn Sie es schaffen, eine Lösung zu skizzieren, wie Sie diese Schwäche abstellen können. Damit zeigen Sie, dass Sie sich mit dem Problem beschäftigt haben und einen konstruktiven Umgang damit gefunden haben, der noch dazu zu einem guten Ergebnis führt. Mehr kann sich ein potenzieller Arbeitgeber kaum wünschen.

Konstruktiv mit Schwächen umgehen – das wünschen sich Unternehmen von ihren Mitarbeitern. Bildquelle: mohamed_hassan/Pixabay

Im Folgenden finden Sie einige Beispiele für real vorhandene Schwächen und wie Sie damit im Vorstellungsgespräch sogar punkten können.

  • Arbeitsatmosphäre: „Ich bin ein Teamplayer, aber ich brauche auch eine ruhige Umgebung, um Kreativität zu entwickeln. Dann muss ich allein arbeiten. Natürlich stelle ich die Resultate dem Team dann wieder vor und nehme die Kritik dazu an.“
  • Organisation: „Ich war immer etwas unorganisiert und habe einiges versucht, das abzustellen. Geholfen hat mir eine simple morgendliche To-do-Liste. So behalte ich den Überblick und verpasse keine Termine mehr.“
  • Präsentation: „Ich bin immer noch unsicher, vor einer größeren Menschenmenge zu sprechen. Das macht mich nervös. Seitdem ich aber mit dem Seminar zum Redenhalten vor Publikum begonnen habe, wird das spürbar besser.“
  • Konzentration: „Hin und wieder wird es mir im Büro zu laut, was sich negativ auf meine Konzentrationsfähigkeit auswirkt. Zum Glück hat mir jemand dazu geraten, bei der Arbeit Noise-Cancelling-Kopfhörer zu tragen. Das hat der Konzentration enorm geholfen.“
  • Durchsetzungsvermögen: „Vor mehreren Kollegen im Meeting habe ich Schwierigkeiten, meine Meinung allein durchzusetzen. Darum suche ich vorab Unterstützung im Kollegenkreis.“

All diese Punkte haben mehr oder weniger gemeinsam, dass Sie eine Schwäche offen eingestehen, gleichzeitig aber auch selbst an einer Lösung dafür gearbeitet haben. Das wissen Arbeitgeber zweifellos zu schätzen. Im Prinzip haben Sie durch die Erkenntnis Ihrer Schwäche diese in eine Stärke umgewandelt.

Stellen Sie Ihre Stärken vor

Nicht immer dürfen Sie das, weil vieles aus dem Lebenslauf ersichtlich wird. Manchmal aber werden Sie aufgefordert, nach dem Schwächen auch Ihre Stärken zu nennen. Dabei gilt es natürlich auch, die Fallstricke zu umgehen, die hier lauern. Denn nur vermeintlich ist es einfach, die eigenen Kompetenzen und Qualifikationen vorzustellen.

Denn wer hier zu sehr von sich überzeugt ist, läuft Gefahr, arrogant zu wirken. Bedenken Sie, dass auch die konkurrierenden Kandidaten über inhaltliche Stärken verfügen. Man sollte sich selbst also nicht über den grünen Klee loben, das kommt im Zweifelsfall nicht gut an. Zeigen Sie neben den inhaltlichen Qualifikationen, dass Sie eine gewisse Beharrlichkeit Ihr Eigen nennen, dass Sie bereit sind zu lernen und dass Sie zuverlässig und sorgfältig arbeiten. Die Übernahme von Verantwortung wird ebenfalls gern gesehen, auch wenn Sie in einem Team arbeiten. Wer hier einen Mittelweg findet aus Eigenwerbung und Vertrauenswürdigkeit, besitzt gute Chancen, eine Bewerbungsrunde weiterzukommen.

Wer seine Stärken richtig einordnet und nicht übertreibt, gibt den Gesprächspartnern das gute Gefühl, dass man gern mit dem Bewerber zusammenarbeitet. Das überdeckt mit Sicherheit die meisten der Schwächen, um die es im Vorstellungsgespräch vorher noch gegangen war.